Tierschutzreise nach Griechenland

Hunden helfen. Doch wie? Und wo? Ein Bericht, in dem Alleine-kämpfen, weit über die eigenen Grenzen gehen, Verzweiflung, Freude und wenig Schlaf Alltag sind. Ein Einblick in das Leben der Tierschützerin Sofia. 

Wir sind bei Sofia, einer sehr engagierten Tierschützerin die hier in diesem Teil Griechenlands, der Ort heißt Agiokampos, eine Stunde Fahrt von der Stadt Larisa entfernt, mehr oder weniger alleine seit über 10 Jahren ihr Leben vollständig dem Schutz der Hunde verschrieben hat. Sie hilft, wo sie nur kann. Alleine hat sich über die Jahre einen Hundeshelter aufgebaut, auf dem Gelände der Gemeinde, die die Hunde, welche überall auf der Straße leben, nur einfängt und einsperrt oder gleich vergiftet. Die Gemeinde und die Polizei kooperieren mit ihr, denn sie sind froh, dass sich zumindest eine Person um “diese Plage” bemüht- wenn sie auch Sofias Engagement voller Liebe und Hingabe wahrscheinlich nicht ansatzweise nachvollziehen können.  Es ist schrecklich heiß, die Hitze steht in der Luft und die Hunde sind alle in ihren Boxen eingesperrt. Quängeln. Bellen. Springen an den Zwingerstäben hoch und betteln um Aufmerksamkeit. Über 70 Hunde und 15 Welpen beherbergt ihr kleines, von ihr alleine, privat geführtes Tierheim derzeit. 

Es stinkt bestialisch nach Kot, Urin und generell – Hund. Und das obwohl hier täglich gereinigt wird. Es ist laut. So laut! Die Hunde kennen uns nicht, weshalb sie wild durcheinander bellen. Laub unter unseren Füßen. Die Grillen zirpen in den Bäumen. Hundehaare streifen mein Gesicht, kitzeln meine Nase, kleben an meiner Kleidung. 

Uff. 

Es ist so anstrengend hier irgendwas zu machen. Man kann kaum klar denken, geschweige denn sich unterhalten, viel zu laut, viel zu heiß ist es. 

Wir gehen zu den Welpen. Drei Würfe voller flauschiger Wollknäule betteln wimmernd und fiepend um Aufmerksamkeit. Ihre kleinen Schwänzchen wackeln aufgeregt hin und her, voller Freude auf eine Hand die sie beschnuppern können oder einen Schnürsenkel den sie öffnen können. Es muss so langweilig sein für sie, zumindest haben sie sich selbst. Dennoch. Es macht mich so wütend und verzweifelt, zu wissen, dass es immer immer mehr Welpen werden, dass es ein Fass ohne Boden ist und dass gleichzeitig Menschen in Deutschland monatelang auf einen Welpen warten, den sie sich züchten lassen und viele tausende Euro dafür bezahlen. 

Ein neuer Anruf. 

Sofia steckt sich ihren Kopfhörer in‘s rechte Ohr und zeigt uns nach dem Gespräch die Fotos der im Müll gefundenen Welpen, die sie aufnehmen soll.  Sie hat keinen Platz mehr, alles ist voll. Es gehen kaum Hunde raus, kommen nur täglich Anfragen auf neue Plätze, neue Notfälle, angeschossene Hunde, angefahrene Hunde. Verlorene Tiere überall. 

So viele Tierarzt- und Futterrechnungen sind noch offen. 

Die Stadt unterstützt sie nicht, alles was wir sehen, ist von ihr finanziert, über Spendengelder aus Deutschland und ihre Einkünfte aus dem Restaurant was sie leitet. Und es sind noch so viele Rechnungen weiterhin offen. Es muss neues Futter bestellt werden, 900€ werden gebraucht. Einige Zwinger müssen noch betoniert werden, den Beton hat sie schon gezahlt aber sie brauch auch (Bau-) Personal, schwer zu finden in Griechenland. Zudem kommen stetig hohe laufende Tierarztkosten dazu, viele Hunde die Sofia findet sind krank, verletzt und alle brauchen eine erste medizinische Grundversorgung.

Die engagierte Tierschützerin ist ein Segen für die Hunde, die einzige Hoffnung und Rettung weit und breit. Aber auch sie sagt, dass sie es irgendwann nicht mehr aushält, tagtäglich dieses Leid zu sehen, das Elend, den Streit mit den Leuten. Einige Gäste ihres Restaurants kommen nicht mehr zu ihr, weil sie wissen, dass sie sich für Streuner einsetzt. Dreckig sei Sofia. Dass sie sich jedes mal, nachdem sie bei den Hunden war, duscht und umzieht (also mehrmals täglich) dürfte diese Leute recht wenig interessieren. 

„Wie die leben noch?“

„Wie die leben noch?“ entgegnet eine Frau, als Sofia ihr die Welpen zurück bringt, die diese Frau vor ein paar Stunden in den Müll geschmissen hat, sie ihrem Schicksal überlassend. Ihre Hündin kastrieren zu lassen sieht sie nicht ein. Und warum man lebende kleine Babyhunde nicht einfach in den Müll schmeißen kann auch nicht. 

Es ist zum verrückt werden. 

Sofia nimmt die Welpen mit zu sich. Auf ihrem Privatgelände hat sie hinten im Garten noch ein paar provisorische Notfallplätze eingerichtet für die ungewollten Hundekinder. Erstmal sind sie sicher, doch auch sie werden erwachsen werden und können nicht lange bei Sofia bleiben, brauchen medizinische Versorgung und Pflege…  Und überhaupt: Was passiert mit ihnen? Werden sie entdeckt werden von lieben Menschen die sie adoptieren, oder gehen sie unter in der Menge an Tieren die auf Social Media und dem Internet eine Familie suchen? Wir machen Fotos und Videos, die Welpen werden auf Facebook gestellt und geteilt, wir wollen es zumindest probieren. 

Jeder einzelne von ihnen hätte es so verdient ein glückliches Leben führen zu dürfen. 

Im Tierheim helfen wir zuerst, die Hunde zu bürsten. Die aller meisten haben noch haufenweise altes Fell welches wir geduldig und stundenlang ausbürsten. Die aller meisten Hunde kennen auch gar keine Bürste, manche haben Angst vor der Berührung, andere entspannen sich sofort und werden ganz ruhig, genießen die Nähe. 

Die Hunde geben so viel Liebe zurück, so viel Dankbarkeit. 

Wenn wir an den Zwingern von außen vorbei laufen schauen wir in viele, viele, viele sehr traurige Hundeaugen. Manche scheinen die Hoffnung auf schönere Tage schon aufgegeben zu haben. Sie entwickeln Ticks, ziehen sich nur noch in ihre Hütten zurück oder sitzen einfach nur emotionslos vor den Gitterstäben, welche ihr täglicher Anblick sind. 

Doch wenn wir ihre Zwinger betreten, uns geduldig und langsam vorstellen, sie uns beschnuppern und wir sie vielleicht streicheln dürfen – ob mit lieben Worten oder einer zarten Berührung – dann verändert sich der Blick dieser Hunde. Er wird weicher, es scheint, als würden diese Hunde einen dann zum ersten Mal wirklich sehen, die Rute beginnt langsam und vorsichtig zu wedeln, die Öhrchen gehen neugierig hoch. Der Kopf streckt sich der streichelnden Hand entgegen. 

Und irgendwann entspannen sich auch diese Hunde dann in die liebevolle Begegnung hinein. Und ihre Augen strahlen vor Freude. 

Es ist sehr beeindruckend wie schnell sich der Blick eines Hundes verändern kann. Wir erfahren jeden Tag auf‘s Neue wie sehr diese Tiere im Moment leben und sich der Situation anpassen. Aber auch, wie sehr sie leiden, eingesperrt und ohne Hoffnung. Doch wenn man sich ihnen widmet, Zeit mit ihnen verbringt, selbst nur durch ehrliche, ruhige, sanfte Worte voller Liebe, dann kommt einem eine wundervolle Dankbarkeit und Freude zurück. Einfach so. 

Wir bürsten die Hunde stunden-, nein, tagelang. Es sind so viele, und sie haben so viel altes Fell- und das bei der Hitze! Bei manchen müssen wir Warten, bis sie uns an sich ranlassen mit der Bürste, es bedarf Geduld, Einfühlungsvermögen und eine klare Körpersprache für und von den Hunden.

Dann geht es an‘s Ausmisten und Füttern. Erst sammeln wir den Kot mit einer Schaufel und einem Rechen ein, dann fegen wir, um Laub, Dreck und altes Fell zu beseitigen. Danach spritzen wir den Zwinger aus. Nun beginnt der anstrengendste Teil- das Schrubben. Hierfür verteilen wir Reinigungsmittel auf dem nassen Beton und schrubben dann mit dem Besen solange bis Kotflecken und anderer, fester Dreck weg ist. Zuletzt spritzen wir dann nochmal alles aus und fegen das Wasser so gut es geht aus dem Zwinger, damit dieser schneller trocknet. Nun noch den Wassereimer mit einem Schwämchen putzen, ausspülen und neu befüllen. Hunde füttern, Medikamente geben und auf zum nächsten Zwinger. 

Zwischendurch gibt es immer wieder Hunde die sich ankeifen und streiten, dann muss man laut schreien und im Notfall auch mal den Wasserschlauch nutzen um die Tiere zu trennen. Oder die Katzen ausmisten, eine Lieferung neuen Futters annehmen, die Schubkarre voller Kot leeren gehen, Fotos und Videos machen und natürlich liebevolle Worte und Streicheleinheiten verteilen. 

Es ist eine schöne Arbeit hier, im Hundeshelter, aber auch eine enorm anstrengende- sowohl körperlich als auch emotional. Und das macht Sofia alleine? Nebenher? Wir sind schwer beeindruckt und fallen abends nie vor 23:00 Uhr extrem erschöpft aber auch zufrieden mit dem was wir geschafft haben in unsere Betten.  

Abends sind unsere Gefühle sind gemischt- einerseits freuen wir uns, da wir etwas für diese Hunde machen können und ihnen helfen. Andererseits spüren wir oft auch Verzweiflung, es werden immer mehr, immer immer mehr, wir können bei weitem nicht mal alle in diesem Dorf retten, geschweige denn in ganz Griechenland! Zudem ist die Situation in Italien, Spanien, Rumänien, Polen, Albanien usw. vergleichbar schlimm, wenn nicht sogar noch schlimmer wie hier!  Es gibt ein unendliches Leid und Elend der auf der Straße lebenden oder ausgesetzter Hunde und Katzen. 

Es macht uns wütend, dass die Gemeinden/Regierung es hier zum Beispiel  toleriert wenn Hunde vergiftet werden (was ein grauenhafter Tod ist für das Tier) aber nicht, dass er eingeschläfert werden darf (was immer noch ein Tod, aber ein schmerzfreier und schnellerer Tod ist). 

Und dann fühlen wir natürlich auch mit Sofia, die ihr Leben den Hunden gewidmet hat, die sich 365 Tage im Jahr mit diesem Leid konfrontiert sieht und kämpft! Immer an der Seite der Hunde, meistens alleine. Die Tag ein Tag aus alles für jeden einzelnen Hund tut, dabei ihre Kinder und Enkelkinder kaum sieht weil sie nie Zeit hat und nebenher noch das Restaurant schmeißt um zu überleben… Die noch dazu mit so viel Gegenwind umgehen muss und auch noch häufig „nein“ sagen, wenn sie, wie fast täglich der Fall, angerufen wird weil es wieder neue Hunde gibt die angefahren, misshandelt oder ausgesetzt worden sind. 

Und dennoch darf man sich von all dem nicht runterziehen lassen, nicht daran zerbrechen. Für jedes Tier, dem man hilft, verändert sich die ganze Welt so sehr zum Positiven, daran halten wir uns fest. 

Die traurigen Augen, die wieder anfangen zu Strahlen, die Lebensfreude, die Hoffnung, die in dieses Tier zurück kehrt… Das gibt uns, und wahrscheinlich auch Sofia, Kraft, weiter zu machen. Für die Hunde. Für jeden einzelnen. 

An dieser Stelle erneut ein riesiges  Dankeschön an Sofia, welche sich unermüdlich und mit so viel Herz, Zeit, Geld und Liebe um all diese wunderbaren und sonst verlorenen Hunde kümmert. Uns beeindruckt Deine innere und äußere Stärke enorm und wir hoffen, dir in Zukunft noch mehr helfen zu können. 

Wer Sofias Arbeit für die Tiere unterstützen mag, kann das sehr gerne hier tun, sie ist auf die finanzielle Hilfe angewiesen und freut sich wirklich über jeden Euro sehr. Alles kommt bei den Tieren an! 

Spenden

Paypal: https://www.paypal.com/paypalme/strassenstreuner 

Banküberweisung: 

FATSOULES 

IBAN : GR2501103970000039701280230 

BIG : ETHNGRAA

(Bei Bank Überweisung zieht die Bank bei jedem Beitrag 3 Euro Gebühren ab)

Hilfe vor Ort

Oder vielleicht hast du Lust und Zeit selbst zu ihr zu fahren und vor Ort zu helfen? Sie sucht dringend Menschen, die ihr bei der Pflege der Hunde helfen, die Boxen betonieren können oder andere handwerkliche Tätigkeiten, Reparaturen, bei der Vermittlung, die ihre Beiträge teilen, die Pflegestelle für einen Hund werden… Es gibt mehr als genug Aufgaben – melde dich ! 

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Danke, dass du bis hier hin gelesen hast. Gerne kannst du den Beitrag auf Social Media oder per Email mit deinen Freund:innen und deiner Familie teilen, damit immer mehr Menschen verstehen, warum keine Hunde mehr gezüchtet werden sollten und damit vielleicht zumindest ein Hund dadurch eine Familie findet und in ein geborgenes Zuhause reisen darf. Denn wir wissen ja jetzt: Man kann nicht die ganze Welt retten, aber für das Tier, das man rettet, verändert sich die ganze Welt! 

Danke

Neuen Hund adoptiert? Das Zubehör brauchst du

Was ich empfehlen kann, wenn ein neuer Hund in deine Familie einzieht? Hier findest du Produkte, Nützliches, Hundehaftpflichtversicherungen… Alles Dinge, mit denen man sich wahrscheinlich ohne Hund noch nicht wirklich auseinander gesetzt hat. In diesem Blogbeitrag möchte ich daher eben jene Fragen beantworten.

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